Gisèle Pélicot
Eine Frau, die Mut macht
Im Kampf für Menschenrechte und Gerechtigkeit dürfen wir nicht schweigen.
Aber wie findet man Worte für etwas, das sprachlos macht? Und doch müssen wir darüber sprechen.
Gisèle Pélicot hat unglaublichen Mut bewiesen, indem sie die Grausamkeiten, die ihr widerfahren sind, mit der Weltöffentlichkeit geteilt hat.
Eine Frau, die von ihrem Ex-Mann jahrelang betäubt, vergewaltigt und anderen Männern zur Vergewaltigung ausgeliefert wurde, stellt ihren Schmerz zurück, um für etwas Größeres einzustehen: Sie zeigt auf, klagt an und kämpft dafür, dass Frauen nie wieder solche entsetzlichen Qualen erleiden müssen.
Nun haben wir die Aufgabe Mut zu beweisen und uns damit auseinanderzusetzen. Uns dem zu stellen. Uns zu fragen: Wie ist das möglich?
Wir dürfen uns nicht nur empören. Wir müssen dafür sorgen, dass niemals wieder einer Frau so viel Grausamkeit widerfährt.
Die Wahrheit ist: Der Ex-Mann und die 50 weiteren verurteilten Männer sind keine Randfiguren, keine kulturlosen, fanatischen Migranten, wie manche es gerne glauben wollen. Sie sind ein Querschnitt der französischen Gesellschaft – IT-Fachleute, Handwerker, Männer aus allen Altersgruppen, Bildungsniveaus und sozialen Schichten.
Man fragt sich: Warum?
Warum ist es notwendig, dass eine Frau öffentlich von den tiefsten Erniedrigungen erzählen muss, um uns daran zu erinnern, dass Frauen immer noch nicht ausreichend geschützt sind? Warum braucht es solche unfassbaren Geschichten, um eine Debatte anzustoßen, die mindestens mit derselben Vehemenz geführt werden müsste wie die über die Verwendung von Gendersternchen?
Man stehe zu dem Thema, wie man will – aber ist das nicht absurd?
Also reden wir darüber!
Reden wir darüber, wie wir als Gesellschaft verhindern können, dass Frauen so etwas widerfährt. Reden wir darüber, wann Frauen endlich uneingeschränkt über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen.
Reden wir darüber, wie wir Einrichtungen finanzieren, die vergewaltigte, erniedrigte und körperlich misshandelte Frauen unterstützen.
Und dann, endlich, reden wir darüber, dass wir diese Einrichtungen nicht mehr brauchen – weil wir genau dort angekommen sind, wo wir hingehören: in einer Welt, in der Frauen gleichgestellt und sicher sind.
Gisèle Pélicot, du hast uns beeindruckt. Dein Mut und deine Stärke machen dich zu einem Vorbild für alle Frauen. Wir wünschen dir von Herzen, dass deine Zukunft von Zufriedenheit und Glück erfüllt ist.